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Kultur.Diplomatie




10.09.2014  Quintessenzen Slowenien - Im Gespräch mit Botschafter Dr. Andrej Rahten



Botschafter Dr. Andrej Rahten spricht mit KDMagazin über persönliche Erinnerungen an Klagenfurt, die Friedensbewegung von Bertha von Suttner, das außergewöhnliche Kulturabkommen zwischen Slowenien und Österreich und eine geplante Ausstellung über den großen mitteleuropäischen Architekten Max Fabiani.  

 

Herr Botschafter, welches Gericht aus Ihrer Heimat würden Sie unseren Lesern auftischen?

 

Ich koche sehr selten. Das überlasse ich meiner Gattin. Für das Wiener Publikum würde ich vorschlagen, in Slowenien so viel wie möglich von den Spezialitäten der Küstengegend kennenzulernen. Die Gerichte des kontinentalen Sloweniens sind denen Wiens sehr ähnlich: Wir haben auch eine Art Tafelspitz, den man in Slowenien jeden Sonntag zum Mittagessen serviert. Die Spezialitäten der Küste: Fisch – sehr zu empfehlen. Wenn man nach Portorož oder Piran fährt, wird man sehen, worüber ich spreche.

 

Seit 2013 sind Sie als Botschafter Sloweniens in Wien. Zuvor haben Sie Neue Geschichte und Zeitgeschichte an der Universität Maribor gelehrt. Die Arbeit im akademischen Bereich gestaltet sich vielfach anders als in der Diplomatie: Wie befruchten sich diese unterschiedlichen Erfahrungen?

 

Ich hatte mich bereits als Historiker auf Diplomatiegeschichte spezialisiert. Für mich gab es daher nicht viele Überraschungen. Diplomatiegeschichte war immer ein Teil meiner Forschung und daher war es für mich sicher leichter auch auf dem Gebiet der Diplomatie tätig zu werden. Das bietet für mich vor allem eine neue Perspektive, eine neue Dimension. Jetzt habe ich einmal die Gelegenheit in der Praxis zu erleben, was meine Vorgänger in der Geschichte bereits in Wien erlebt hatten.

 

Ich bin sehr dankbar, dass ich gerade hier in Wien die Gelegenheit habe, Botschafter zu sein. Für mich ist das ein besonderes Privilegium – gerade als Slowene. Ich war von 2001-2008 bereits in der Diplomatie tätig. Zuerst im Außenministerium und dann im Kabinett des Premierministers während der EU-Präsidentschaft Sloweniens. Als Botschafter ist es aber ein besonderes Erlebnis, das man nur einmal im Leben hat.

 

Sie haben an der philosophischen Fakultät in Ljubljana und in Klagenfurt studiert. Wie erlebten Sie damals und heute das Leben in Österreich? Wo gibt es Unterschiede, wo Gemeinsamkeiten?

 

Das war ja noch im vorigen Jahrhundert, Mitte der 90er Jahre. Da konnte man noch den ‘wind of change‘ spüren. Es war 5 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer und die Atmosphäre war eine Andere. In Österreich bereitete man sich auf den EU-Beitritt vor, während man in Slowenien am Beginn der Unabhängigkeit stand. Als Student spürte ich den großen Optimismus. Ich muss aber hinzufügen, dass man das als junger Mensch natürlich ein bisschen anders spürt.

Heute, 10 Jahre nach dem Beitritt Sloweniens zur Europäischen Union, ist die internationale Kooperation natürlich ganz anders und beide Staaten, Österreich und Slowenien, sind mittlerweile sehr gut etabliert innerhalb der EU. Wir arbeiten schon seit 10 Jahren als Partner im Rahmen der Europäischen Union zusammen. Das bringt eine neue Qualität.

 

Foto: Botschafter Dr. Andrej Rahten. Credit: ConnectingCulture.at 

 

Natürlich erinnere ich mich an die Zeit in den 90er Jahren mit einer besonderen Nostalgie: wenn man ein Student im Ausland ist, ist das wirklich ein besonderes Erlebnis. Ich würde das jedem Studierenden empfehlen. Klagenfurt war für mich damals eine schöne Erfahrung und hat meinen Horizont erweitert - auch in internationaler Hinsicht. Ich habe viele Freunde gefunden und neue Leute aus vielen Ländern kennengelernt, da die Universität Klagenfurt damals schon mit vielen Ländern vernetzt war, sogar in Afrika. Ich wurde an der Uni in Kärnten wirklich mit großer Freundschaft empfangen und fühlte mich als ein willkommener Gast. Das war für mich damals eine zusätzliche Motivation, mich auf dem Gebiet der Geschichte der Habsburgermonarchie zu spezialisieren. Ich bin den Professoren der Universität dankbar, die mir diese Motivation gegeben haben.

 

Das Gedenkjahr anlässlich 100 Jahre Ausbruch des Ersten Weltkriegs wird von zahlreichen Ausstellungen begleitet, die zur Auseinandersetzung anregen. Gibt es Initiativen und Botschaften, die Sie nachhaltig beeindruckt haben?

 

Als Historiker war ich natürlich besonders interessiert. Es gibt kaum eine Ausstellung in Wien und Umgebung, bei der ich nicht gewesen bin. Ob Schallaburg oder ÖNB, alle haben mir gefallen und ich möchte ganz offen sagen, dass Österreich hier eine gute Leistung erbracht hat.

 

Bevor ich nach Wien gekommen bin, war ich Vizepräsident des slowenischen Nationalausschusses für das Gedenkjahr. Was mich am Vorabend dieses Gedenkjahrs am meisten interessiert hat: Was wird „the main message“ des Gedenkjahres sein? Nicht nur in Österreich, sondern in der ganzen Welt. Es handelt sich ja um einen Krieg, in dem viele Millionen Menschen starben. Was ist eigentlich nach 100 Jahren die richtige Botschaft? Ich glaube, besonders in Österreich betrachtet man das Thema mit einer großen Sensibilität. Die Betonungen sind: Frieden, Europa und Menschenrechte. Das sind Dinge, die wir heute für selbstverständlich halten, aber das war nicht immer so.

 

Was mich besonders beeindruckte, war die Betonung der Friedensbewegung von Bertha von Suttner. Das war für mich persönlich die bestmögliche Botschaft für dieses Jahr, denn Bertha von Suttner gehörte mit ihrer Bewegung nicht nur zu Österreich, sondern zu uns allen. Wenn wir über das Gedenkjahr sprechen, sollten wir über solche Bewegungen sprechen.

 

Die Alpen-Adria-Allianz ist ein bedeutendes regionales Kooperationsnetzwerk. Mittlerweile sind alle Länder der Mitgliedsregionen Teil der EU. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den österreichischen Mitgliedern, Kärnten und Steiermark?

 

Das ist ein besonders wichtiges Thema für uns hier an der Botschaft. Die Alpen-Adria-Allianz war früher eine Arbeitsgemeinschaft, bei der Slowenien bereits in den 1980er Jahren dabei war, obwohl es noch gar kein souveräner Staat war. Wir schätzen das sehr. Dann kamen die 90er und unsere Hauptaufmerksamkeit lag weniger auf der regionalen Ebene, sondern wir waren ganz fokussiert auf das wichtigste Ziel, die Unabhängigkeit Sloweniens. Nachdem dieses Ziel erreicht war, gab es in Slowenien wieder ein besonderes Interesse an regionaler Zusammenarbeit. Das ist zu begrüßen.

 

Gerade dieses Jahr konnten wir zwei große Ereignisse in diesem Zusammenhang erleben:

Nach 10 Jahren wurde das sogenannte Kontaktkomitee Kärnten-Slowenien wiederbelebt und zusätzlich hatten wir 2014 zum ersten Mal in der Geschichte in Graz die erste Sitzung eines gemeinsamen Komitees Slowenien-Steiermark. Diese Ereignisse zeigen unsere Bereitschaft, gerade im Alpen-Adria Raum zusammenzuarbeiten. Ein Themenpunkt dieser beiden Versammlungen war auch der Kultur gewidmet. Hier sind wir am Beginn der Neukonzipierung gemeinsamer Projekte. Eine Vereinbarung zwischen den Partnern ist, dass sich das Komitee jährlich trifft. Nächstes Jahr wird das Komitee Slowenien-Steiermark in Slowenien organisiert sein und umgekehrt kommt das Komitee Kärnten-Slowenien nach Kärnten. Ich sehe durch diese Dynamik auch für die kulturelle Zusammenarbeit die bestmöglichen Chancen.

  

Foto: Botschafter Dr. Andrej Rahten und Christine Maass (KDMagazin) in der slowenischen Botschaft, Wien. Credit: ConnectingCulture.at 

 

Die slowenisch-österreichische Zusammenarbeit im Kulturbereich war immer besonders wichtig und weist einige Besonderheiten auf...

 

Wir haben ein spezielles Kulturabkommen zwischen Slowenien und Österreich. Alle fünf Jahre gibt es Verhandlungen über das neue Programm. Ich hatte die Gelegenheit, im ersten Jahr meines Mandats die Endphase dieser Verhandlungen mitzuerleben: Das Programm wurde für fünf Jahre beschlossen und wir stehen nun am Beginn einer neuen Periode.

 

Dieses Kulturabkommen ist ein origineller Mechanismus, den wir nur mit Österreich pflegen. Das zeigt schon eine besondere Wertigkeit der bilateralen Zusammenarbeit. Die programmatischen Schwerpunkte werden nicht von oben vorgegeben, sondern entstehen an der Basis. Alle fünf Jahre sieht man sich an, was sich in den kulturellen/künstlerischen Gemeinschaften tut, welche Interessen dort bestehen, und aufgrund dieser Information kommen die Verhandlungen auf der zwischenstaatlichen Ebene zu Stande. Durch das Abkommen wurde die Umsetzung vieler konkreter Projekte beschleunigt, zum Beispiel Bücher über die Gottscheer-Deutschen [die ehemalige deutschsprachige Bevölkerung des Gottscheer Landes (Kočevska) im Herzogtum Krain (heute: Slowenien), Anm. d. Red.], die auch im Rahmen dieses Abkommens finanziert wurden. Es ist auch wichtig, verschiedene Vereine auf beiden Seiten zu fördern, da diese sonst von anderen Instrumenten abhängig wären.

 

Die Kärntner Slowenen in Wien sind bezogen auf kulturelle Initiativen sehr aktiv...

 

Sie machen das außerhalb des erwähnten Abkommens. Diese Tradition ist schon wegen des Österreichischen Staatsvertrages sehr etabliert. In Wien gibt es viele Organisationen wie beispielsweise den Klub slowenischer Studentinnen und Studenten in Wien in der Mondscheingasse. Am Beginn meines Mandates erfuhr ich, wie aktiv diese Studenten sind und ich bewundere, was sie unter anderem mit der Unterstützung der Stadt Wien machen.

 

Dann haben wir die Skica, das einzige slowenische Kulturforum im Ausland überhaupt. Eigentlich sollte es das erste sein und weitere folgen, was bislang aber nicht passiert ist. Dieses Beispiel unterstreicht jedoch, dass gerade Wien für uns Slowenen noch immer sehr wichtig ist. Dass so ein Kulturforum hier existieren kann, ist auch ein weiterer Beweis dafür, dass die kulturelle Zusammenarbeit mit Österreich etwas Besonderes ist. Außerdem gibt es noch das slowenische Wissenschaftsinstitut in der Seilerstätte und verschiedene Initiativen im Studentenheim Korotan. Es gibt so viele Initiativen, dass ich manchmal als Botschafter Probleme habe, wenn ich alle diese Termine wahrnehmen möchte. Aber das sind die sogenannten süßen Sorgen.

 

Am 16. September werden Sie offiziell die Installation playGround – there’s no place like home der slowenischen Künstlerin Eva Petric im Stilwerk eröffnen. Was schätzen Sie an der Arbeit der Künstlerin?

 

Es wäre ein bisschen übertrieben, wenn ich den künstlerischen Wert ihrer Arbeit evaluieren würde. Das traue ich mich nicht. Aber was ich als Botschafter sagen kann, ist Folgendes: Ich wünsche mir mehr Künstlerinnen und Künstler wie Eva Petric. Sie hat bereits so viel für die Promotion slowenischer Kultur getan, dass ich sie als eine Kunst-Botschafterin Sloweniens bezeichnen würde. Bevor ich nach Wien gekommen bin, war mir eigentlich nicht bewusst, welche Bedeutung ihre Kunst für die Slowenen und für das Bild Sloweniens als Kulturland hier in Österreich hat.

 

Als Botschafter habe ich die Pflicht einen Überblick über die Tätigkeit der slowenischen Künstler und Künstlerinnen in Österreich und Wien zu haben. Ich komme mit Künstlern während der Ausstellungen in Kontakt und habe auch einige interessante Menschen im Rahmen unseres „Artist in Residence-Programms“ in Wien kennengelernt, das sehr erfolgreich ist. Natürlich ist es auch eine besondere Herausforderung, wenn die slowenischen Künstler zu uns kommen und Kooperationspartner in Österreich suchen. Diese Kooperationen wurden durch die Skica schon sehr weit entwickelt und ich wünsche mir, dass sich diese Dynamik noch weiter verstärkt.

 

Auf welche Kultur-Kooperationen in Österreich und kulturellen Highlights dürfen sich unsere LeserInnen 2014 / 2015 freuen?

 

Im Rahmen des Gedenkjahres zum Ausbruch des 1. Weltkriegs ist unsere Idee, im Mai 2015 eine bilaterale Konferenz in Bruck an der Leitha zu organisieren. Dort gab es ein Flüchtlingslager, in dem vor allem Slowenen der Küstengegend untergekommen sind, die von der Isonzo-Front, die 1915 ausbrach, fliehen mussten.

Dann gibt es immer wieder die Initiativen der Skica, zum Beispiel die Teilnahme slowenischer Künstler und Künstlerinnen an der Vienna Design Week. Da gibt es die Ausstellung Past Future Perfect im Volkskundemuseum, eine sehr interessante Konzeption. In 12 Räumen werden österreichische und slowenische Meisterwerke einander gegenübergestellt. Nächstes Jahr wollen wir auch einen Schwerpunkt auf die Jazz Musik legen: Wir wollen slowenische Jazzmusiker nach Wien einladen. Diese Szene ist vor allem in Ljubljana sehr lebendig.

 

Ganz wichtig sind uns auch Architekturausstellungen. Es gibt eine Idee, bei der wir bereits in Gesprächen mit der Stadt Wien sind: Es geht um den 150. Geburtstag des Architekten Max Fabiani, den Architekten der Wiener Urania, eines seiner Hauptwerke. Fabiani ist deshalb so interessant, weil er am Vorabend des 1. Weltkriegs einer der Hauptarchitekten des damaligen Thronfolgers Franz Ferdinand war. Sie arbeiteten sehr eng zusammen und Franz Ferdinand hielt ihn für prädestiniert, seinen imperialen Stil zu entwickeln.

Die Fabiani-Ausstellung könnte ein großes Projekt für die slowenische Botschaft, die Stadt Ljubljana und unsere österreichischen Partner werden. Diese Ausstellung ist als Wanderausstellung konzipiert und wird im September/Oktober 2015 in Wien zu Gast sein. Der Schwerpunkt liegt auf den Projektskizzen Fabianis für verschiedene Städte Mitteleuropas. Er hat ja nicht nur in Wien gewirkt. Nach dem Erdbeben in Ljubljana 1895 wurde Fabiani vom damaligen Bürgermeister berufen, eine neue slawische Metropole zu entwerfen: Neben dem „goldenen Prag“ sollte ein „weißes Ljubljana“ entstehen. Max Fabiani war ein wichtiger mitteleuropäischer Architekt. Für mich als Historiker würde die Ausstellung das ein großes Erlebnis.

   

  

Zur Person A. o. Prof. Dr. Andrej Rahten


Geboren am 4. März 1973 in Celje, Slowenien. Studium an der Philosophischen Fakultät der Universität Ljubljana und an der Universität Klagenfurt. Promovierte in Geschichtswissenschaften an der Universität Ljubljana.

Dr. Rahten ist seit 2001 in der Diplomatie tätig: Zunächst als außenpolitischer Berater, seit 2012 als Präsident des Strategischen Rates für Außenpolitik des Außenministeriums Sloweniens. Parallel zur Diplomatie schlug er eine akademische Laufbahn ein: Seit September 2010 ist er a.o. Professor für Neuere und Zeitgeschichte an der Universität Maribor. Seit 2013 ist Dr. Rahten Botschafter der Republik Slowenien in Wien. Im selben Jahr wurde er mit dem Goldenen Ehrenzeichen der Republik Österreich für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet.

 


 

Foto: Botschafter Dr. Andrej Rahten und Christine Maass (KDMagazin). Credit: ConnectingCulture.at

  

 

 

   

 Botschaft der Republik Slowenien in Wien

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 





 

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