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Kultur.Diplomatie




20.10.2015  Theaterfestival „Magie der Sprache“ – Im Gespräch mit Leta Popescu



 

 

Rumänisches Kulturinstitut Wien: Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen und warum haben Sie es für ein Theaterstück gewählt?

Leta Popescu: Motivationsbücher haben immer schon eine gewisse Anziehung auf mich ausgeübt. Ich fand sie immer lustig und lächerlich zugleich, aber auch in gewisser Weise mutig. Die Buchhandlungen sind voll von „Lebensweisheiten“. Auf ein paar Seiten wird dir erklärt, wie du mit einfachen, schnellen und effizienten Methoden glücklich wirst oder geliebt wirst, wie du Freunde gewinnst, wie du eine erfolgreiche Karriere haben kannst usw. Als wir dann irgendwann festgestellt haben, dass diese Art von Literatur nicht nur lächerlich sondern auch gefährlich ist, haben wir beschlossen, darüber zu sprechen. Mithilfe des Theaters, denn Theater spielen, so glauben wir, können wir am besten.

Wie kam es zur Titelwahl 9 von 10?

Der Titel stammt aus einer Replik, die im Stück vorkommt. Diese werde ich hier nicht verraten. Was ich sagen kann, ist, dass der Titel von den Statistiken inspiriert ist, die uns alltäglich überrollen. In einer Szene machen wir uns über diese Statistiken lustig und kritisieren sie zugleich.

Glauben Sie, dass ihr Theaterstück Einfluss auf die Gesellschaft haben wird, vor allem auf den Alltag der Zuschauer?

Wir versuchen, den Menschen diese Ratgeberindustrie vor Augen zu führen, die von den schwachen Seiten der einfachen Menschen lebt und dabei reich geworden ist. Bücher, die Hilfe versprechen, werden wie auf dem Fließband produziert. Ihre Versprechen können nur eine Lüge sein. Und die Betrogenen sind jene Menschen in unserer Nähe, die weder ihren Platz in der Welt, noch ihr Glück und ihre Ruhe finden können. Wir hoffen, unsere Botschaft erreicht sie in der einen oder anderen Weise, und bringt sie dazu, andere Methoden zu finden, um in dieser absurden Welt zu bestehen. Der Einfluss unseres Theaterstücks ist aber nicht messbar …

Welche Motivationsbücher und Guides haben Sie während der Vorbereitung auf das Stück gelesen und inwiefern haben diese zur Entwicklung des Theaterstückes beigetragen?

Die gesamte Vorstellung basiert auf Motivationsbüchern und ähnlichen Texten, die wir im Internet gesammelt haben. Das Buch, das wir am meisten benutzt haben, war Habe den Mut stark zu sein, ein grauenvolles Buch. Wir waren alle entsetzt über den Schwachsinn, den es als Tatsache hinstellt. Dort haben wir zum Beispiel erfahren, dass man in etwa 500 Minuten den Sinn des eigenen Lebens ergründen kann ... Ansonsten möchte ich jetzt nicht alle verwendeten Materialien nennen, weil wir viele nur überflogen und in den Buchhandlungen zurückgelassen haben.

Mit welchen Schwierigkeiten wurden Sie bei der Vorbereitung der Inszenierung konfrontiert?

Schwierigkeiten wäre zu viel gesagt. Eine Stelle jedoch war für uns spannungsgeladener als alle anderen. Es handelt sich um das Ende, wo jeder Schauspieler seine eigenen Fehler preisgeben muss. An dieser Stelle haben wir viel daran feilen müssen, wie wir unsere Selbsterkenntnis dem Publikum gegenüber ausdrücken wollen und welche der Wahrheiten über uns selbst wir überhaupt erzählen wollen …

Wie wurde das Theaterstück 9 von 10 vom Publikum in Rumänien aufgenommen? Welche Reaktionen haben Sie erlebt?

Während der Vorstellung verspürt das Publikum meist ein Wechselbad der Gefühle. Am Anfang amüsiert es sich, dann stellt es fest, dass das Thema nicht nur lustig ist, sondern dass die Welt der Motivationsbücher irgendwann gar nicht mehr zum Lachen ist. Später beruhigt sich das Publikum und, so hoffe ich es, versöhnt sich mit sich selbst.

Planen Sie auch andere Theaterprojekte zu gesellschaftlichen Themen?

Nach 9 von 10 habe ich auch an anderen Projekten gearbeitet. Zum Beispiel habe ich ein Stück über die Wahrnehmung zeitgenössischer Kunst in einem rumänischen Dorf gemacht, zugleich eine Kritik am Bildungssystem unseres Landes. Ich habe auch ein Stück der moldawischen Autorin Nicoleta Esinencu inszeniert, American Dream. Es ist ein Stück über uns normale Menschen und wie es uns in einem Monopoly-Spiel zwischen Putin und Obama geht. Vor kurzem habe ich ein weiteres Stück abgeschlossen, Das Verschwinden, welches die Beziehung zwischen Jugendlichen und Erwachsenen beleuchtet. Ich beschäftige mich in der Regel mit sozial relevanten Themen und versuche, in jedem Stück ein aktuelles gesellschaftliches Phänomen zu erfassen.

Verraten Sie uns bitte einen besonderen Moment während Ihrer Arbeit an 9 von 10.

Einmal hat sich das gesamte Team über diese Motivationsratgeber furchtbar aufgeregt. Mit einem der Bücher spielten wir dann Fußball und wir schimpften wie wild, und dann beschloss ich, mich nie wieder zu epilieren. Natürlich … hat das nicht lange angehalten.


Aus dem Rumänischen von Daria Hainz


Redaktion: Rumänisches Kulturinstitut Wien. Zur Website geht es hier.


 

„9 von 10“ läuft am 22. Oktober um 19 Uhr im Italienischen Kulturinstitut Wien.


 


  

 

 






 

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