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Kultur.Diplomatie




11.10.2014  „NUR MuTh, BRICH AUF!“ - Ein Nachbericht zur Auslandskulturtagung 2014



Ein Literarischer Salon in Oslo, „Selfies“ in New York, Konzerte in Teheran, Kurzfilm in Madrid...

Die österreichische Auslandskulturpolitik setzt auf die Förderung zeitgenössischer Künstler und internationalen Dialog. Jährlich wird Bilanz gezogen: Unter dem Motto „Nur MuTh, Brich auf! Chancen und Wege im Ausland“ lud das BMEIA am 3. September zur Auslandskulturtagung 2014 in den Konzertsaal der Wiener Sängerknaben. Zu Wort kamen Akteure der Österreichischen Auslandskultur, KünstlerInnen und die Wissenschaft. Schauspielerin Manuela Linshalm wusste in ihrer Rolle als Conférencière „Adelheid von Schnotz“ zu unterhalten.


 

 

 

Foto: Schauspielerin Manuela Linshalm mit Adelheid von Schnotz (l.), Moderator Günter Kaindlstorfer (r.) Credit: ConnectingCulture.at 

 

„Kultur verbindet, bewegt und vermittelt“ – dies gelte umso mehr angesichts der gegenwärtigen weltpolitischen Lage und der Zunahme religiös motivierter Konflikte, wie der Generalsekretär des Außenministeriums, Michael Linhart, in seiner Eröffnungsrede betonte. Im Mittelpunkt der Kulturdiplomatie stehe allerdings nicht allein der Brückenschlag, sondern vor allem auch „der Anspruch, der Vielfalt zeitgenössischen künstlerischen Schaffens ein Forum zu bieten und kulturelle und wissenschaftliche Netzwerke zu fördern“. Dies gelinge durch das dichte Netz der Österreichischen Vertretungen im Ausland: 31 Kulturforen, 38 Botschaften und Generalkonsulate, 63 Österreichbibliotheken, 8 Österreich-Institute und 2 Wissenschafts- und Technologiebüros haben laut „Jahrbuch der Österreichischen Auslandskultur" im Vorjahr mehr als 6.000 Veranstaltungen in 100 Ländern ausgerichtet. Dieses große Netzwerk zu erhalten, sei laut Linhart gleichzeitig eine besondere Herausforderung. In Zeiten von Kürzungen staatlicher Mittel konnte das Budget nur durch neue Kooperationen mit der Privatwirtschaft unverändert gehalten werden.

 

Der Eröffnunsgrede folgten Grußworte des BM Sebastian Kurz, der sich per Videobotschaft an die Anwesenden wandte und die aus seiner Sicht herausragende Bedeutung der Kulturdiplomatie in der Außenpolitik Österreichs unterstrich.

 

Anschließend kam Botschafter Martin Eichtinger, Leiter der Kulturpolitischen Sektion des BMEIA, auf Schwerpunkte der österreichischen Auslandskultur zu sprechen. „Chancen des Dialogs nutzen und Brücken schlagen“, war auch sein Credo. Das Beispiel Iran illustriere diesen Ansatz: Österreich halte als einziges europäisches Land ein Kulturforum in Teheran aufrecht. Auf die stetige Zunahme der Bedeutung von Kooperationen und Partnerschaften im In- und Ausland reagiere man unter anderem mit eigenen (österreichischen) Programmen wie einem Kurzfilmwettbewerb in Madrid oder einem Literarischen Salon in Oslo. In den ehemaligen Kulturhauptstädten Marseille und Košice sei man programmatisch ebenfalls präsent gewesen. Der Blick richte sich allerdings nicht nur auf Europa: Da Österreichische Literatur in der arabischen Welt wenig bekannt sei, werde in Kürze eine Anthologie in arabischer Sprache erscheinen.

 

Eichtinger schloss mit einem Ausblick auf wichtige Themen des kommenden Jahres. So werde 2015 einerseits in Gedenken an den Beginn des Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren begangen, andererseits werde an erfreulichere historische Ereignisse wie den EU-Beitritt Österreichs vor 20 Jahren, den Beitritt der osteuropäischen Nachbarn vor 10 Jahren und an das 60. Jubiläum des Staatsvertrags erinnert.

 

Mit Mut zur Selbstironie präsentierten Peter Mikl und Teresa Indjein (BMEIA) im Anschluss das „Jahrbuch der Österreichischen Auslandskultur 2013“. Der Band versammelt 20 Beiträge von KünstlerInnen und DirektorInnen der Österreichischen Kulturforen aus aller Welt: In Oslo gehe es in erster Linie um das geschriebene Wort. Der Literarische Salon, in dem Newcomer und Größen wie Marlene Streeruwitz gastierten, habe sich über die Jahre zu einem kulturellen Markenzeichen der dortigen Botschaft entwickelt. Im „Bienenkorb“ Teheran erfahre man als Gast des österreichischen Kulturforums „eine ungeahnte Offenheit für österreichisches Kulturschaffen, gleichgültig, ob klassischer Tradition und alten Meistern verpflichtet oder Gegenwartsexperimenten, die gar nicht schräg oder sperrig genug sein können.“

 

  

 

Foto: Peter Mikl (l.) und Teresa Indjein bei der Präsentation des Jahrbuchs der Österreichischen Auslandskultur 2013. Credit: ConnectingCulture.at


Den Festvortrag hielt Galerist Taddäus Ropac. Er attestierte Österreich eine „große Liebe zur Kunst", zugleich aber „ein schwieriges Verhältnis zu den zeitgenössischen, vielleicht kritischen Teilen dieser Kunst". Häufig werden Karrieren Österreichischer Künstler wesentlich im Ausland geprägt. In diesem Zusammenhang skizzierte Ropac Schaffen und Werdegang dreier etablierter Künstler aus Literatur, bildender Kunst und (Opern-)Theater, für die dies gleichermaßen gelte: Zunächst Martin Kušej, dessen Inszenierung des Don Giovanni mit Anna Netrebko in Salzburg für Furore gesorgt habe und dem eine radikal neue Deutung des Operntheaters gelungen sei. Heute wirke er am Residenztheater in München. Dann Erwin Wurm, der seinen Humor als Waffe einsetze. Seine Werke seien u.a. im Lenbachhaus München, im Städel-Museum Frankfurt und im Guggenheim-Museum zu sehen. Ausstellungen in Bangkok und Sao Paolo befänden sich in Planung. Der dritte im Bunde ist der Schriftsteller Christoph Ransmayr, in dessen Romanen – in mehr als 30 Sprachen übersetzt – die Welt zusammenrücke.

 

Nach einer kurzen Pause brillierte die Schauspielerin Manuela Linshalm als Conférencière. Im Rahmen einer performativen Podiumsdiskussion hauchte sie einer hoch unterhaltsamen Kunstfigur Leben ein: Adelheid von Schnotz, exzentrische Grand Dame des Wiener Kulturlebens mit literarischen Ambitionen. Mit Andrea Ecker, Sektionschefin Kunst im BKA, sprach sie über Kooperationen mit dem BMEIA. Neben dem „Leuchtturmprojekt“, dem „Internationale[n] Netz für Tanz und Performance Austria ( INTPA)“, ging es auch um die Ausstellung „Self-Timer Stories“ im Kulturforum New York mit Bildern aus der Fotosammlung des Bundes, welche belege, dass das Phänomen „Selfie“ gar nicht so neu sei wie angenommen.

 

Der Schritt ins Ausland als Perspektivwechsel, Inspirationsquelle und Vernetzungsmöglichkeit waren wiederkehrende Motive im anschließenden Dialog mit fünf KünstlerInnen und einem Wissenschaftler. Die Singer/Songwriterin Lylit alias Eva Klampfler nahm das Publikum mit ihrer dunkel-jazzigen Stimme und zwei selbst komponierten Songs für sich ein und erzählte von ihrem Leben zwischen ihrer „Basisstation“ Wien und den USA, in denen Sie unter Vertrag steht. Der Geist der Offenheit, der in den Staaten herrsche, habe sie künstlerisch weitergebracht. In Österreich vermisse sie diesen. Man stoße irgendwann an eine Decke. Autor Dzevad Karahasan hob die Bedeutung hervor, als Schriftsteller auch „in einer anderen Sprache zu leben“. Das schaffe eine Balance zwischen innerem und äußerem Blick. Mit einem Augenzwinkern gestand er, ihm persönlich helfe es, an seiner eigenen Skepsis zu zweifeln.

 

Die Familie der Schriftstellerin Anna Kim stammt aus Südkorea. Sie selbst lebt nach Jahren in London und Cambridge wieder in Wien und überschreitet in ihrem Schreiben regelmäßig kulturelle Grenzen. Viele ihrer Romane entstünden nach umfangreichen Recherchen im Ausland und seien vom Grundthema der Einsamkeit durchzogen.

Der bildende Künstler Marko Lulić plant derzeit Aufenthalte in China und Neuseeland. Editta Braun, Tänzerin und Choreographin, war mit ihrer multikulturellen Compagnie bis zum Beginn des Arabischen Frühlings regelmäßig im Nahen Osten unterwegs. Das Thema e-mobility beschäftigt den Wissenschaftler Dominik Zehetner von der TU Graz, der gemeinsam mit einem interdisziplinären Team am Projekt TERA forscht.

 

Die Auslandskulturtagung 2014 schloss am Abend mit der Verleihung des Intercultural Achievement Award im Porgy & Bess. 

 

   

 

 

Foto (v.l.n.r.): Pamela Bartar (KDM), Peter Mikl und Teresa Indjein (BMEIA). Credit: ConnectingCulture.at

 

 

Christine Maass

 





 

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